Während das klassische Projektmanagement von einem klaren Planungsansatz ausgeht, verschiebt das Agile Management die Priorisierungen deutlich. Im klassischen PM garantiert die Abarbeitung einer optimalen Planung, heruntergebrochen auf jeden Mitarbeiter, jede Ressource, die Zielerreichung und damit den Projekterfolg. So galten Abweichungen lange Zeit als Problemfall, die zu vermeiden waren und nur die (Planungs-) Kompetenz des Projektleiters in Frage stellten.
Im Agile Management steht der optimale Kundennutzen an erster Stelle. Änderungen sind höchst willkommen, stellen keine Gefährdung dar, sondern werden als Chance betrachtet. Kein ausgeklügeltes Änderungsmanagement mit einem effizienten Change-Order und Claims-Management; dafür aber Teams, die schnell und agil auf Veränderungen reagieren und das Projekt durch Selbstorganisation eigenverantwortlich vorantreiben.
Die folgende Tabelle zeigt exemplarisch die Gegensätze:
Fokus klassisch | Fokus agile | |
Zielvorgabe | Notwendige Voraussetzung | ggf. offen, in jedem Fall wandelbar |
Projektplanung | Planbarkeit vorausgesetzt | Iteratives Vorgehen favorisiert |
Controlling | Beseitigung der Planabweichung durch Revision der Projektplanung | Kreative, neue Lösungen von ’unten‘ |
Stakeholder Management | Schnittstellenmanagement mit Scope-Sicherung (Change-Order und Claims-management) | Frühzeitige und konsequente Integration in das Projektgeschehen |
Management Style | Fokus auf Zielerreichung und Planerfüllung | Ermöglicht und fördert agiles Arbeiten/Selbstorganisation |
Umgebung | Klassische Planbarkeit | Volatile Umwelten mit hohem Änderungspotential |
Tabelle 1: Gegensätze des klassischen und agilen Projektmanagements
Die Ursache für die Unterschiede liegen in anderen Projektumgebungen. Mit Hilfe des Stacy-Diagramms [1] kann dies gut verdeutlicht werden:
Das klassische Projektmanagement basiert auf der Annahme klarer Ursache-u. Wirkungszusammen-hänge. Diese finden sich im unteren, rechten Bereich der Matrix. Projekte aus diesem Bereich können sehr kompliziert sein und durchaus komplex wirken.
Abb. 1: Die Stacy Matrix [1]
Bewegen wir uns in den chaotischen Bereich hinein, verlieren Planungen immer schneller Ihre Gültigkeit. Der Weg wird unklar – iterative Vorgehensweisen, Visionen und Methoden der Selbst-organisation werden immer wichtiger wie die Abbildung 2 zeigt.
Abb. 2: Die Diagonale der Stacy Matrix [2]
Es handelt sich bei klassischen und agilen Methoden somit nicht um Gegensätze. Die unterschiedlichen Methoden sind Folge eines an die jeweilige Projektumgebung effektiv angepasstes Projektmanagement. Die Übergänge sind naturgemäß fließend.
Auch bezüglich der eigentlichen Zielstellung geht es um das Gleiche: Beide Methoden zielen auf die Flexi-bilisierung bestehender Strukturen und Organisationen. Allerdings wird durch das Agile- und Chaos-Management dies ganz im Sinne eines PM 2. Ordnung, wie es bereits in den 90er Jahren diskutiert wurde [3], auf eine andere Stufe gehoben.
Doch was hat all das mit der Führung von Projekten und der Rolle des Projektleiters zu tun?
Im Rahmen der Digitalisierung werden Projekte immer volatiler. Zusätzlich rhöht sich der Softwarecharakter in zweifacher Hinsicht:
Dennoch kann auf das klassische Projektmanagement nicht verzichtet werden. Insbesondere große, komplexe Investitionsvorhaben unterliegen Rahmenbedingungen, die eine ausschließliche Abwicklung mit Agilen Methoden in Frage stellen. So kann zum Beispiel im Pharmabereich die Forderung nach einem umfassenden Änderungs- und Dokumen-tationswesen gemäß den FDA-Regularien nicht ignoriert werden.
Für die Praxis ergibt sich ein Mix klassischer und agile Methoden. Dies garantiert, abgestimmt auf die jeweilige Umgebung, die optimale und effizienteste Lösung. So werden z.B. Teilprojekte oder Phasen unterschiedlich gemanagt oder es kommt direkt ein Mix an Methoden zur Anwendung um Projekte, die gemäß Abb.: 2 im Übergangsbereich von klassisch zu agile liegen, optimal abzuwickeln.
Klassisch wird der kompetente Projektleiter gesucht, der Menschen und Ressourcen organisiert, so dass wirksamen und effizient vorgegebene Ziele erreicht werden. Aus Sicht des agilen Managements wiederum, muss er in der Lage sein, Visionen zu vermitteln und eine strukturelle-systemische Führungskultur etablieren [5].
Entscheidend für den Erfolg ist ein Mindset, der Verbindungen schafft und die Gemeinschaft, das Team in der Vordergrund stellt [6| (GPM-FG Agile Management). Blicken wir auf die von J. Collins entwickelten Stufen der Führungskräfte [7] werden klassische PL sehr gut durch die Level 3: ‚Competent Manager‘ beschrieben. Als Manager hybrider Projekte werden die Anforderungen jedoch in Richtung der höheren Stufen verschoben.
Neben das effiziente und effektive Management tritt die Führung durch Visionen und das Setzen von Rahmen-bedingungen. Gemäß der Untersuchung von J. Collins zeichnen sich besonders erfolgreiche Führungskräfte als Level 5: ‚Executives‘ durch eine paradoxe Mischung aus persönlicher Demut und professionellem Willen aus. Hierdurch sind sie in der Lage, auch in volatilen Umfeldern erfolgreich zu agieren. Ein Konzept, das bei der immer stärkeren Projektausrichtung von Unternehmen, auch auf die Projektleiter übertragen werden kann.
Abb. 3: Level 5 Leadership [8]
Je mehr das agile Management überwiegt, desto mehr sind Teamwork, Empowement, Selbstorganisation und damit die Abgabe von Führungskompetenz und eine systemische, fehlertolerante Führung [9] gefragt. Diese Fehlertoleranz heißt nicht, dass alles zu tolerieren ist, sondern bezieht sich auf die Lösungsfindung im Rahmen der jeweiligen Managementaufgabe. In komplexen, schwer überschaubaren und schwer vorhersagbaren Projekten ist Innovation und damit auch eine gewisse Experimentierfreude gefragt. Ganz im Sinne des obigen Fotos und von T. Watson, IBM: ‚The fastest way to success is to double your failure rate‘ [9] kann sich der eingeschlagene Weg als falsch erweisen und gerade dadurch zum Motor besserer Lösungen und des Erfolges werden.
Diese Haltung ist nicht nur den Teammitgliedern gegenüber wichtig, sondern gilt als Führungskraft auch sich selbst gegenüber. Stehen auch Sie zu Ihren Fehlern und Schwächen: Seien Sie authentisch und binden Sie die Teammitglieder systematisch in die Führung mit ein.
Als gutes Beispiel wie selbst in einer extremen, nicht vorhersagbaren Projektsituation diese Haltung zum entscheidenden Erfolgsfaktor wird, empfehle ich einen Artikel aus den Harvard Business Review: ‚How the other Fukushima Plant Survived‘ [10]. Nur durch die Anerkennung der Kompetenz der Mitarbeiter und damit in der fortwährenden Mitgestaltung des Lösungsweges konnte eine weiter Mega-Katastrophe in der Nähe von Fukushima verhindert werden.
Die volatile Umwelt verlangt eine neue Führungskultur, die zumindest bezogen auf komplexe Großprojekte in der Regel im Agil Management eine sinnvolle Ergänzung zum klassischen PM findet. Um ein derartiges Projekt erfolgreich abzuwickeln, sollte dies bereits in der Planungsphase der Projekte berücksichtigt werden.
Aus den vorgehenden lassen sich konkrete Hilfestellungen für das Management hybrider Projekte ableiten:
Bei all diesen Aufgaben unterstützt Sie CONNECTMENT von der Projektoptimierung bis zur systematischen Neuausrichtung Ihres Projektmanagement. Entwickeln Sie mit uns den für Sie maßgeschneiderten Mindset auf Projekt- oder Unternehmensebene und werden Sie fit für das Management volatiler Umwelten.
Quellenangaben:
[1] siehe https://erfolgreich-projekte-leiten.de/stacey-matrix/; aufgerufen 10.09.2021
[2] Projektmanagement am Rande des Chaos: Sozialtechniken für komplexe Systeme, A. Oswald, J. Köhler, R. Schmitt (2016) Springer Verlag, Berlin – Heidelberg
[3] Neue Wege im Projektmanagement – Ergebnisse 1996-2000,
M. Saynisch, Dr. D. Lange (Hrsg.) (2002) Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V., Stuttgart
[4] siehe z.B.: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/apple-auto-hyundai-nissan-1.5206823, aufgerufen am 20.09.2021
[5] Digitalisierung der Arbeit: Konsequenzen für Führung und Zusammenarbeit, Antoni, C.H., Syrek, C. Gr Interakt Org 48, 247–258 (2017). https://doi.org/10.1007/s11612-017-0391-5, aufgerufen am 26.04.2021
[6] Agile Leadership 4.0, A. Oswald, H. Tuczek in Management 4.0 Handbook for Agile Practices, Release 3.0, A. Oswald, W. Müller (Hrsg.) (2019) Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V., Stuttgart
[7] Level 5 Leadership: The Triumph of Humility and Fierce Resolve, J. Collins (2001) Harvard Business Review, 79 (1), 67-79
[8] siehe: https://www.sketchbubble.com/en/presentation-level-five-leadership pyramid.html, aufgerufen 20.06.2021
[9] The Failure-Tolerant Leader, R.Farso & R.Keyes (2002) Havard Business Review.
[10] How the other Fukushima Plant Survived, Ranjay Gulati, Charles Casto und Charlotte Krontiris, (July-Aug 2014) Havard Business Review,
[11] siehe https://www.d7.digital, aufgerufen 30.07.2021
Bildnachweis:
von www.pexels.com:
Foto 1: Harrison Marcourt
Foto 2: Brett Jordan
von www.unsplash.com :
Foto 3: Ian Kim
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